BAUMARKT im Corona-Modus: Beratung und Reservierung per Telefon – Abholung im Lager
Interview vom 6. Februar 2021 – Wochenzeitung Fulda AKTUELL:
Die Lage des Einzelhandels seit Beginn der Corona-Pandemie ist prekär. „Fulda aktuell“ sprach mit René H. Siebert, dem Leiter Einzelhandel der „Siebert GmbH & Co. KG, die in Hünfeld einen Bau-, einen Holz- und einen Stahlmarkt betreibt.
„Seit dem Beginn des zweiten Lockdowns sind unsere drei Standorte Baumarkt, Holzmarkt und Stahlmarkt für Endkunden geschlossen. Somit liegt der Einzelhandelsbereich der ,Siebert GmbH & Co. KG‘ momentan fast komplett auf Eis. Und das bereits seit Mitte Dezember“, sagt Siebert.
Im Bereich des Endkunden-Geschäftes sind die drei Märkte mit etwas abgeänderten Zeiten telefonisch oder per E-Mail erreichbar. „Gerne können uns Kunden anrufen, sich telefonisch beraten lassen, Ware reservieren und dann kontaktlos im Lager abholen. Außerdem besteht natürlich auch die Möglichkeit unsere Kunden mit einem unserer sieben Lkw anzuliefern“, so Siebert. Dies werde vor allem im Bereich der sperrigen Güter wie Öfen, Türen, Tore, Platten, aber auch Grills gerne genutzt. Auf der „Facebook“-Seite des Unternehmens wird zudem über Neuigkeiten und Neuheiten informiert. Der Großhandelsbereich im Stahlmarkt und bei den Bauelementen arbeitet wie gewohnt weiter.
„Wir als sozial stark engagiertes Familienunternehmen konnten das Thema Kurzarbeit in 2020 und sogar trotz erneuten Lockdowns im Januar 2021 vermeiden. Dieses Mittel haben wir unseren Mitarbeitern zu liebe so lange wie möglich rausgeschoben, auch als Dank für die erbrachten Leistungen des letzten Jahres.
Seit dem 1. Februar mussten wir in der Geschäftsleitung den extrem rückläufigen Umsatzzahlen allerdings nachgeben und haben über alle drei Standorte Kurzarbeit zu 25 Prozent eingeführt. Wir hoffen, diesen Weg so schnell wie möglich wieder zu verlassen“, sagt Siebert. Staatliche Überbrückungshilfen hat die „Siebert-Gruppe“ nicht beantragt. Auch Kündigungen wurden keine ausgesprochen.
Ob die „Siebert-Gruppe“ die Kosten des Lockdowns verkraften kann, antwortet der Einzelhandels-Leiter: „Um ehrlich zu sein: So langsam wird es für den stationären Handel kritisch. Jeden Tag fahren Lkw mit neuer Ware vor, die wir bereits im Herbst für das Frühjahr bestellt haben. Diese Ware muss natürlich auch von uns bezahlt werden. Auf der Gegenseite steht aber fast kein Umsatz, geschweige denn Ertrag. Dann kann man noch so gut wirtschaften oder gewirtschaftet haben.“
Bei Menschen kaufen
René Siebert hofft, dass die Kunden den Weg zu „Siebert“ nach Hünfeld noch kennen. „Nachdem in den letzten Wochen der Onlinehandel so stark von der Politik durch die
Schließung der stationären Geschäfte unterstützt wurde, wäre es fatal für die komplette Handelslandschaft, wenn die großen Onlinehändler uns auf Dauer die Kunden abziehen würden. Menschen kaufen aber immer noch gerne bei Menschen. Ich habe die Hoffnung, dass unsere Kunden auch in Zukunft unsere gute Beratungsqualität, unseren Service und unser soziales Engagement zu schätzen wissen und bei uns kaufen“, so Siebert.
Das Unternehmen nutzt und nutzte die Zeit ohne Kunden in den Märkten, um an den Sortimenten zu feilen und den Fußboden im Baumarkt neu zu streichen. In der großen Grillabteilung wurde neues Laminat verlegt und Grills neuer Lieferanten aufgebaut und ausgestellt.
Doch was passiert mit der Saisonware, die nicht verkauft werden konnte? „Nun, am meisten ärgert mich die viele Weihnachtsdeko, die jetzt natürlich bis Dezember auf Lager liegt. Bei den Pflanzen haben wir relativ viel Ware an ansässige Seniorenheime verschenkt, um den Menschen dort, in der schwierigen Zeit eine Freude zu machen“, sagt Siebert.
Hoffnung auf 2021
„Ich hoffe, dass unsere Kunden uns nicht vergessen haben und wir endlich wieder unserem Beruf im Handel nachgehen dürfen. Dass alle Mitarbeiter den gemeinsamen Weg genauso engagiert mit uns weitergehen und wir im Jahr 2031 unser 200-jähriges Jubiläum feiern dürfen“, drückt Siebert seine Hoffnung auf das gerade begonnene Jahr aus.
„Ich erwarte von der Politik, dass der stationäre Handel in Zukunft allgemein unterstützt oder wenigstens nicht benachteiligt wird. Kleine mittelständische Unternehmen zahlen Steuern und Maut und unterstützen Vereine, Schulen und Kindergärten, während riesige Onlinehändler ihren Unternehmenssitz ins Ausland verlegen und Pakete immer öfter durch unterbezahlte Subunternehmer mautfrei mit Sprintern ausliefern. Sollte sich das nicht ändern, wird es in ein paar Jahren keine Geschäfte mehr in den Innenstädten geben“, macht René Siebert seinem Unmut über das bisherige Handeln der politisch Verantwortlichen Luft.